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Warum lieber im Stau stehen als im Zug sitzen?

Obwohl viele Pendler:innen wissen, dass Bus und Bahn klimafreundlicher sind, fahren sie weiter mit dem Auto. Doch warum fällt der Umstieg so schwer? Ein genauer Blick auf Vorurteile, Gewohnheiten und soziale Normen zeigt: Oft stehen weniger die Fakten als vielmehr Hürden im Kopf im Weg. Und wer sich selbst herausfordern möchte, kann sich noch bis zum 26. September bei den bwegt-Pendelwochen anmelden und damit sogar ein Teamevent gewinnen.

Mittelalter Herr mit weißen Haaren und Bart sitzt neben einer mittelalten Frau mit brauen Haaren im Zug. Die Frau schaut auf ihre Uhr am Handgelenk, der Mann verschränkt seine Arme.

Jeden Tag machen sich Millionen Menschen in Baden-Württemberg auf den Weg zur Arbeit – die meisten steigen ins Auto. Dabei klingt es zunächst so, als wäre die Bereitschaft zum Umstieg groß. Eine ADAC-Umfrage zeigt, dass 75 Prozent der Deutschen eigentlich bereit wären, für den Klimaschutz ihr Mobilitätsverhalten zu ändern: Mehr als ein Drittel der Befragten würde sogar auf Bus und Bahn umsteigen. Doch die Realität sieht anders aus: Von den fast 3,9 Millionen Pendler:innen im Land fahren weiterhin mehr als drei Viertel mit dem Auto.

Drei seriös gekleidete, mittelalte Personen – zwei Männer und eine Frau – steigen am Bahnhof in eine Bahn ein. Alle drei lächeln. Im Hintergrund ist ein weiterer Zug zu erkennen.
Die Wahl des Verkehrsmittels auf dem Arbeitsweg ist keine rein rationale Entscheidung, sondern wird auch von psychologischen Faktoren beeinflusst.

Baden-Württemberg versucht, den Umstieg zu erleichtern: beispielsweise über Taktverdichtung, Angebotsausbau und Aktionen wie den bwegt-Pendelwochen. Bei dieser Aktion werden Berufspendler:innen spielerisch an die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs herangeführt. Teams ab drei Personen können mitmachen. Vom 6. bis 17. Oktober zählt jeder klimafreundliche Arbeitsweg, den sie zurücklegen: ob mit Bus und Bahn, dem Fahrrad, zu Fuß, per E-Scooter, Fahrgemeinschaft oder wenn man im Homeoffice bleibt. Noch bis zum 26. September können auch Sie sich anmelden

Doch nicht alle Gründe gegen das Pendeln mit Bus und Bahn lassen sich dadurch ausräumen. Bei einer Umfrage von Zukunft Nahverkehr gaben 23 Prozent der Befragten an, dass sie den ÖPNV selbst bei verbessertem Angebot nicht häufiger nutzen würden. Das zeigt: Es benötigt mehr, das Überkommen des „Autos im Kopf“, wie Mobilitätsforscher Andreas Knie es nennt.

Klar ist: Die Verkehrswende bleibt eine der größten Herausforderungen im Land. Solange das Auto für viele Menschen nicht nur praktisch, sondern auch mental gesetzt ist, wird der Weg zu klimafreundlicher Mobilität ein langer bleiben.

Wie uns soziale Normen und kulturelle Trägheit beeinflussen

 „Die Verkehrswende ist kein technisches Problem, sondern ein gesellschaftliches“, sagt Andreas Knie. Über Jahrzehnte habe sich das Autofahren zur Normalität entwickelt – insbesondere im ländlichen Raum. Familien mit zwei oder drei Wagen sind dort selbstverständlich. Der ÖPNV? Für viele keine Option. „Eine solche Verhaltensweise braucht keine logische Begründung mehr. Der Gedanke dahinter: „Das machen alle so, das kann nicht so schlimm sein“, erklärt Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke.

Intermodalverkehr? Von Bike + Ride bis bwshuttle

Baden-Württemberg fördert verschiedene Lösungen für die "letzte Meile".

Bike + Ride erleichtert beispielsweise die Kombination von Fahrrad mit Bus und Bahn durch den Ausbau von diebstahlsicheren und wettergeschützten Fahrradboxen oder Sammelgaragen an Bahnhöfen und Haltestellen.

Die bwshuttle fahren auf Abruf, außerhalb der regulären Fahrzeiten und dort, wo es sonst wenig andere Möglichkeiten gibt. So ergänzen sie den Linienverkehr, insbesondere auf dem Land und spätabends.

Das Phänomen nennt sich „kulturelle Trägheit“: Wenn sich ein Verhalten über Jahrzehnte etabliert, stellt sich die Gesellschaft darauf ein. Und haben sich die Strukturen einmal verfestigt, fällt Veränderung schwer.

Zumal es laut Andreas Knie tiefer reicht: „Mit dem Auto geht es nicht mehr. Aber ohne geht es auch nicht mehr, weil über die Jahre Strukturen zerstört wurden, für die man kein Auto braucht: die Kneipe im Vorort, der Supermarkt um die Ecke.“ Gerade die „letzte Meile“ hält sich hartnäckig als Hürde auf dem Land. Eine mögliche Antwort sieht Knie im Intermodalverkehr – also in der intelligenten Kombination verschiedener Verkehrsmittel. Statt Auto oder Bus brauche es Angebote, die beides miteinander verzahnen: vom Fahrrad zum Bahnhof, mit der Bahn in die Stadt und weiter mit Sharing-Angeboten. Wenn solche Alternativen reibungslos funktionieren, könnte sich auch die „kulturelle Trägheit“ allmählich auflösen.

Unpünktlich, teuer, überfüllt – was steckt hinter den Vorurteilen?

Zu den gesellschaftlichen Gründen gegen einen Umstieg kommen Vorurteile dazu. Besonders häufig sind die Beschwerden, Bus und Bahn seien zu unpünktlich, quasi genauso teuer wie das Auto und unflexibel. Aber was ist da wirklich dran?

  • Pünktlichkeit: Zwar gibt es Schwierigkeiten im Fernverkehr, doch gerade der Regionalverkehr in Baden-Württemberg ist besser als sein Ruf: Immerhin 80 Prozent der Regionalzüge waren 2024 pünktlich. Und das Qualitätsranking zeigt, dass es tendenziell besser wird. Im Vergleich: Autofahrer:innen rund um Stuttgart verlieren jedes Jahr durchschnittlich 58 Stunden im Stau.
  • Preis: Für 49 Prozent einer Umfrage von Zukunft Nahverkehr fühlt sich das Auto günstiger an als der ÖPNV, andersherum nur 29 Prozent. Die Realität sieht anders aus. Kosten für das Tanken und der Wertverlust summieren sich auf. Finanztip hat einen Kostenvorteil von bis zu 4.200 Euro im Jahr für ÖPNV-Nutzer:innen errechnet. Hauptgrund dafür ist der vergleichsweise günstige Preis des Deutschland-Tickets. Die bwegt-Fahrplanauskunft zeigt außerdem an, wie viel Geld – und CO2 – auf deiner Strecke jährliches Pendeln mit Bus und Bahn spart.
  • Flexibilität: Eine Bahn verspätet sich oder fällt aus und schon ist der ganze Tag gelaufen? Auf dem Land mag das eine valide Sorge sein, die teils in einer Stunde Verspätung resultiert. Gerade in der Stadt gibt es aber zahlreiche Alternativen. Fährt eine Bahn nicht, sind andere Linien oder S-Bahn, U-Bahn und Bus nicht weit. Außerdem gibt es vielerorts Bike+Ride und On-Demand-Angebote wie das bwshuttle. Diese Lösungen erhöhen die Flexibilität und gibt es teilweise auch schon in ländlichen Regionen. Baden-Württemberg arbeitet somit daran, mit diesem Vorurteil aufzuräumen.

Ausgetrickst von der Gewohnheit

Im Vordergrund ist verschwommen eine Person zu erkennen, die ihr Fahrrad das Bahngleis entlangschiebt. Im Hintergrund sieht man eine Bahn mit einem Fahrradsymbol an der Seite.
Fahrrad und Bahn, das lässt sich auch kombinieren und ist meist eine sehr schnelle Option, um zur Arbeit zu fahren.

Auch psychologische Faktoren spielen eine Rolle – Menschen sind schließlich Gewohnheitstiere. Wer einmal auf das Auto setzt, spart Energie, indem er diese Routine beibehält: Der Wechsel auf Bus und Bahn erfordert Planung und Umstellung. Entsprechend muss das Angebot so viel besser sein als das Auto, dass sich dieser zusätzliche Aufwand im Kopf lohnt. Hinzu kommt ein psychologisches Phänomen, das Forschende „Single Action Bias“ nennen: Wer etwa zur Backstube mit dem Fahrrad fährt, fühlt sich moralisch entlastet und rechtfertigt damit, weiterhin täglich mit dem Auto zur Arbeit zu pendeln. So lässt sich das Gewissen beruhigen – ohne das Mobilitätsverhalten grundlegend zu ändern.

Ob soziale Normen, Gewohnheit oder Vorurteile – der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn bleibt eine Herausforderung. Und klar ist auch: Der öffentliche Nah- und Regionalverkehr ist nicht für jede Person die beste Option. Manche bevorzugen das Fahrrad, andere benötigen das Auto für ihren Beruf oder wegen ihres ländlichen Wohnorts. Entscheidend ist, dass Pendler:innen offenbleiben, Routinen zu hinterfragen und zumindest auszuprobieren, welche neuen Möglichkeiten es gibt. Aktionen wie die Pendelwochen können dabei helfen, erste Hürden zu überwinden und alternative Wege zur Arbeit kennenzulernen.

Neugierig geworden: Hier gibt's alle Infos zu den bwegt-Pendelwochen: www.bwegt.de/pendelwochen

Magazin-Artikel veröffentlicht am 18.09.2025

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