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Pfahlbaumuseum am Bodensee: Öffnung zum Greifen nah?

Blumenläden und Friseure dürfen wieder Kunden empfangen. Auch Direktor Gunter Schöbel hofft, bald die Saison im Freilichtmuseum in Unteruhldingen starten zu können. Und hat die Sieben-Tage-Inzidenz deshalb fest im Blick.

Drohnenaufnahme von den Pfahlbauten, im blau schimmernden Bodensee. Im Hintergrund ist das gegenüberliegende Ufer zu sehen.

Quelle: Pfahlbaumuseum / M.Schellinger

Wehmütig denkt Gunter Schöbel an den letzten Sommer zurück. Als die Pfahlbauten im Bodensee von den Plakatwänden im Land strahlten und bei den Betrachtern das Kopfkino anlief – von einem Besuch der Stelzenhäuser auf Borneo.

Der Unterschied: Das Ziel im Land ist klimafreundlich und kostengünstig erreichbar. Mit dem Zug und den Tickets im bwtarif. Theoretisch. Denn aktuell ist das Freilichtmuseum noch geschlossen. Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz im Bodenseekreis stabil unter 50 liegt, dürfen auch die Pfahlbauten wieder ohne Voranmeldung besucht werden.

Neues corona-konformes Konzept

Regelmäßig beobachtet Museumsdirektor Schöbel deshalb die Entwicklung der Inzidenz-Zahlen. Und wünscht sich wie alle, dass sie nach unten gehen. Dann könnten auch die Pfahlbauten wieder öffnen. „Als Outdoor-Anlage sind wir ja definitiv im Vorteil gegenüber Museen in geschlossenen Räumen. Denn 90 Prozent unserer Ausstellungsflächen befinden sich im Freien. Und wir haben schon im letzten Jahr nach der ersten Corona-Welle das ganze Museum auf den Kopf gestellt“, berichtet er.

Portrait des Polizeioberkommissar Yannick Dotzek in seiner Uniform.

Die Inzidenz-Zahlen hat Gunter Schöbel täglich im Blick. Kann er sein Museum bis Ostern wieder öffnen? Quelle: Pfahlbaumuseum / L. Schöbel

In Absprache mit dem für Museen zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kunst haben der Direktor und seine Mitarbeiter einen begegnungsfreien Rundkurs durch die Dörfer aus der Stein- und Bronzezeit angelegt. Außerdem kontaktlose Kassen, Dokumentationszonen für die Nachverfolgungspflichten der Besucher und geschützte Speakers-Points für die Museums-Guides. Alles innerhalb von vier Wochen. Honoriert wurde das von den Besuchern, die das Angebot gerne annahmen.  

Sorge um die freiberuflichen Museumspädagogen

Durchschnittlich zählt Schöbel pro Jahr um die 300.000 Besucher im Pfahlbaumuseum. Im Sommer 2020 blieben das internationale Publikum und die Schulklassen aufgrund der Corona-Beschränkungen weg. Und damit ein Drittel der Einnahmen. Auch die vielen freien Museumspädagogen des Freilichtmuseums, das in Spitzenzeiten bis zu 60 Menschen beschäftigt, haben jetzt erst mal keine Arbeit.

Mitarbeiter des Museums mit Corona Schutzausrüstung.

Auch in der Outdoor-Anlage der Pfahlbauten muss ein Hygienekonzept her. Das Team hat seine Hausaufgaben gemacht! Quelle: Pfahlbaumuseum / G. Schöbel

„Das ist schon belastend. Denn an jedem Mitarbeiter hängt ein persönliches Schicksal dran“, sagt Gunter Schöbel. Die festangestellten Kollegen konnten sich im Lockdown um die wissenschaftliche digitale Aufbereitung der archäologischen Sammlungen kümmern. Denn neben dem Museum gibt es in Unteruhldingen auch ein Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte.

Vorbereitungen auf die Saison 2021

Gunter Schöbel ist einer, der das halbvolle und nicht das halbleere Glas sieht. Als Professor für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters weiß er, dass die Menschen immer auch mit Phasen der Depression zurechtkommen mussten. Aber dann auch wieder Zeiten des Aufschwungs und der Veränderungen gestaltet haben.

Und deshalb arbeitet er schon wieder an neuen Projekten.  Etwa einem Erweiterungsbau für das Museum und dem Grünen Klassenzimmer mit viel Wissenswertem über Umwelt und Ernährung. Die Maßnahmen für einen sicheren Museumsbesuch haben Schöbel und seine Mitarbeiter bereits im letzten Jahr erfolgreich umgesetzt und können diese Konzepte sofort aktivieren, wenn die Besucher wieder ins Museum kommen dürfen.

Foto der Pfahlbauten, welche sich bei Dämmerung in der Wasseroberfläche spiegeln.

Echtes UNESCO-Welterbe direkt vor der Haustür: Das älteste Freiluftmuseum Deutschland liegt am schönen Bodensee. Quelle: Schwabenfotograf_Dickmann

Zugfahren ist die Zukunft

Der Museumsdirektor ist überzeugter Bahnfahrer. Und könnte sich deshalb auch einen Kulturfahrschein vorstellen, mit dem alle Besucher in Zukunft bequem mit dem ÖPNV nach Unteruhldingen reisen können. Denn Schöbels Herz schlägt für den „gelben Blitz“, wie der die Züge im bwegt-Design nennt.

Er ist überzeugt davon, „dass ein Umschwung hin zu einer analogeren Welt kommt.“ Und damit ein neues, entschleunigtes Bewusstsein, um die kleinen Dinge am Wegesrand zu entdecken und zu erleben.

„Denken Sie doch nur an das herrliche Alpenpanorama, das Sie in unseren modernen Zügen an den Bodensee genießen können. Kinder, Hund und Fahrrad reisen ganz bequem und sicher mit. Und das, ohne in dem lästigen Verkehrsstau auf der B31 zu stecken.“ Dabei hat er Ostern ganz fest im Blick und die Hoffnung, das Museum dann endlich wieder für die Besucher öffnen zu können.

Magazin-Artikel veröffentlicht am 09.03.2021

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