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Frisör Luca Moretti: „Ich glaube, die Leute von der Bahn tun alles für die Sicherheit“.

Nicht nur Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich beim Frisör seines Vertrauens gleich am 4. Mai seinen „Flattop“ (Bürstenschnitt) auffrischen lassen. Auch zu Luca Moretti kamen viele Kunden, die es kaum erwarten konnten. Pünktlich um 9.00 Uhr öffneten sich am Montag bei Scholz Haare in Endersbach die Türen. Dort arbeitet der junge Stylist, der mit der S-Bahn zum Arbeitsplatz pendelt und sich in der Bahn wie im Beruf auf neue Regelungen einstellen muss.

Hinterkopf mit braunen Haaren, der von zwei Händen in schwarzen Handschuhen frisiert wird.

Luca Moretti hat sein Auto verkauft. Bahnfahren ist einfach günstiger und zudem viel entspannter für ihn. Wenn er in Bad Cannstatt an der Haltestelle Nürnberger Straße in die S2 steigt, dann ist er eine Viertelstunde später in Endersbach. Der 25-Jährige genießt es, dass die Bahnen gerade im Vergleich zu früher leerer sind. Freie Plätze gibt es zur Genüge, oft hat er sogar einen Viererplatz alleine für sich. Dann kann er ungestört seine Musik hören und noch ein bisschen chillen, bevor der Arbeitstag beginnt.

Gesicht eines jungen Mannes, der eine Maske trägt und in der Bahn sitzt.

Als Pendler sicher unterwegs

An die Maske hat er sich schon gewöhnt und legt sie in der Bahn wie beim Einkaufen konsequent an – und seit Montag natürlich auch bei der Arbeit. Für ihn ist das keine Frage und er findet, dass sich jeder daran halten sollte: „Es soll ein Schutz für alle sein, für die anderen und für einen selbst.“ Er beobachtet, dass das seit dem 4. Mai tatsächlich auch fast jeder tut. Ein wenig unwohl ist dem jungen Frisör nämlich schon, wenn er an das Virus denkt. Deshalb ist er froh über die Maskenpflicht. Das gibt ihm Sicherheit. Davon abgesehen macht sich der Pendler keine zu großen Sorgen: „Ich glaube, die Leute, die hinter der Bahn stehen, machen einen guten Job und haben alles getan, um die richtigen Vorsorgemaßnahmen zu treffen.“ Dass die Neuinfektionsraten rückläufig sind, beruhigt ihn zusätzlich.

Sicherheit im Frisörsalon

Auch in seinem Salon wird alles getan, um Mitarbeiter und Kunden vor Ansteckung zu schützen – obgleich es viel Zeit kostet und die Arbeit anstrengender macht. Neben den Abstands- müssen besondere Hygieneregeln beachtet werden. „Unser Chef hat uns in mehreren Videokonferenzen in allem geschult“, erzählt Luca Moretti. Bei Scholz Haare ist der Ablauf eines Kundentermins genau geregelt. So ist gewährleistet, dass an alles gedacht wird:

  1. Kunden müssen als erstes ihre Hände waschen und desinfizieren

  2. Danach müssen sie ein Formular ausfüllen, damit die Gesundheitsämter bei einem Infektionsfall die Kunden kontaktieren können

  3. Die Kunden werden zu ihrem Platz geführt

  4. Bevor es losgeht, werden den Kunden die Haare gewaschen

  5. Anschließend wird gefärbt, gelegt und geschnitten, je nachdem, was beim Kunden ansteht

  6. Der Bezahlvorgang erfolgt bargeldlos, außer beim Trinkgeld. Dafür gibt es wie eh und je die Kässchen, in die der Kunde sein Geld selbst werfen kann

  7. Sobald die Kunden den Laden verlassen haben, wird der Platz gefegt, außerdem werden alle Ablagen abgewischt und desinfiziert

Der Aufwand ist groß, doch sie sind gut vorbereitet. Luca Moretti hofft, dass sie alles im Rahmen der angesetzten Zeit schaffen. Er weiß, wie sehr die Kunden auf ihre Termine gewartet haben. Die nächsten drei bis vier Wochen sind bereits ausgebucht.

Wer steckt unter der Maske?

Bei der Arbeit stört ihn die Maske wesentlich mehr als im Zug. Nicht, weil er sie tragen muss, sondern weil sie so viel versteckt. Die Kundinnen und Kunden sehen sein Lächeln nicht. Da möglichst wenig gesprochen werden soll, kann er das auch nicht durch eine nette Unterhaltung wettmachen. Er wiederum hat selbst bei Stammkunden Mühe, sie gleich zu erkennen, wenn sie den Laden betreten. Noch schlimmer: Die Maske verfälscht den optischen Eindruck. „Das ist alles andere als toll“, sagt er. „Eigentlich muss man beim Schneiden das Gesicht ganz sehen können.“ Aber er weiß auch: „Da müssen wir durch. Die Sicherheit geht vor.“

Erlebte Wertschätzung

Schön sind die vielen positiven Erlebnisse. Noch nie hat Luca Moretti so viel Wertschätzung für seinen Beruf erfahren wie dieser Tage. Nicht nur unter den Kollegen herrschte eine großartige Stimmung, weil sich alle darauf freuten, ihre Kunden endlich wieder mit einem schönen Schnitt verwöhnen zu dürfen. Gleich die erste Kundin rief: „Gott sei Dank seid ihr wieder da“, als sich die Türen von Scholz Haare zum ersten Mal wieder öffneten. „Ich bin ja so froh!“ Sie war nicht die Einzige, die vor Glück strahlte. Viele zeigten ihre Freude in Form eines Trinkgeldes, das reichlicher als sonst floss. Man merkt: Wer sechs Wochen oder länger auf seinen Frisör verzichten musste, weiß spätestens jetzt, was er an ihm hat.

Service, der ankommt

Auf besondere Begeisterung stieß auch ein Service, mit dem viele gar nicht gerechnet hatten. Der Salon rief alle, die während des Lockdowns einen Termin hatten, in den Tagen vor der Öffnung an, um mit Ihnen einen neuen Termin auszumachen. „Das war super organisiert“, hieß es bei manchem. Solche Rückmeldungen machen Luca Moretti stolz. Sie sind der Beweis, dass guter Service beim Kunden gut ankommt.

Sein ganz persönlicher Service-Wunsch ginge an den öffentlichen Nahverkehr. Für ihn wäre es eine Erleichterung, wenn die S2 noch regelmäßiger fahren würde, als es der reguläre Fahrplan vorsieht. Das würde morgens den Stress nehmen, die S-Bahn vor der nächsten Zeitlücke auf keinen Fall verpassen zu dürfen – und er könnte noch entspannter in den Tag starten.

Magazin-Artikel veröffentlicht am 14.05.2020