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Land und Leute

„Viele sinnvolle Vorschläge“: Der Fahrgastbeirat Baden-Württemberg und seine Arbeit.

Knapp ein Jahr bwegt, sechs Jahre Fahrgastbeirat: Aus diesem Anlass diskutierten Verkehrsminister Winfried Hermann, David Weltzien, Vorsitzender der Regionalleitung von DB Regio Baden-Württemberg, und Matthias Lieb, Vorsitzender des Fahrgastbeirats Baden-Württemberg, über die Arbeit des Beratungsgremiums und insbesondere über das Thema Barrierefreiheit. Auf einer Pressefahrt am 31.8. von Stuttgart nach Gaildorf mit zahlreichen Landespolitikern und Journalisten überreichte Lieb dem Verkehrsminister einen Forderungskatalog mit Verbesserungswünschen für ein noch angenehmeres Bahnfahren.

„Über den Beirat haben wir einen guten Draht zu den Fahrgästen. Die melden sich auch schnell, wenn etwas nicht funktioniert“, lobt Hermann das proaktive Auftreten des Gremiums. 2012 rief er den Beirat als Sprachrohr der Fahrgäste in Baden-Württemberg ins Leben und ist nach sechs Jahren Arbeit sehr zufrieden: „In der Summe wird das meiste aufgenommen, weil viele sinnvolle Vorschläge kommen.“ Einer dieser Punkte war die Einführung eines Baden-Württemberg-Tarifs – ein kompliziertes Unterfangen, denn laut Hermann mussten dafür insgesamt 22 verschiedene Verbünde mit eigener Tarifstruktur zusammengeführt werden. Die Idee wird nun Realität: Im Dezember 2018 startet die erste Phase des bwtarifs.  Ein weiterer Punkt ist die größere Beinfreiheit in den neuen bwegt-Zügen. Ursprünglich war weniger Platz zwischen den Sitzen vorgesehen, doch Matthias Lieb betont: „Bei diesem Thema haben wir uns durchgesetzt.“ Für die 1. Klasse hätte sich der Beiratsvorsitzende hingegen etwas mehr Komfort angesichts des höheren Fahrpreises gewünscht.

Mehr Platz für Rollstühle und Fahrräder

Den Grund für eine kleinere 1. Klasse erklärt Winfried Hermann: „Es sind heute immer mehr Menschen in Rollstühlen oder mit Fahrrädern unterwegs, der Mehrzweckbereich in den neuen Zügen ist daher deutlich größer geworden. Der Nachteil ist, dass wir dafür die 1. Klasse verkleinern mussten. Das sind Kompromisse, die wir als Land machen, da sie der Mehrheit nutzen.“ Der Verkehrsminister spielt darauf an, dass früher oftmals halbleere Abteile in der 1. Klasse überfüllten Abteilen im Rest des Zuges gegenüberstanden. Damit soll nun Schluss sein.

Auch David Weltzien, DB Regio-Chef in Baden-Württemberg, zeigt sich sehr angetan von der Arbeit des Fahrgastbeirats: Die Zusammenarbeit mit dem Fahrgastbeirat war und ist stets gewinnbringend für uns. Die Vorschläge der Beiratsmitglieder bringen neue Perspektiven in die Diskussion, beispielsweise beim Thema Innenausstattung. Denn letztlich geht es um den bestmöglichen Komfort für die Fahrgäste: „Wir ziehen an einem Strang!“

Fünf Männer in Anzügen sitzen in Zug. Ein Mann davon sitzt im Rollstuhl.

Forderungskatalog für ein noch angenehmeres Bahnfahren

Im Rahmen der Veranstaltung überreichte der Fahrgastbeiratsvorsitzende Matthias Lieb einen Forderungskatalog mit grundlegenden Punkten für ein noch angenehmeres Reisen mit der Bahn an den Verkehrsminister. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Barrierefreiheit an Bahnhöfen. Allerdings finden sich auch Forderungen zu den Themen Pünktlichkeit und besserer Informationen für Fahrgäste im Katalog. Lieb betont dazu: „Hier im Zug sind wir barrierefrei unterwegs. Es gibt aber oft noch Probleme, vom Bahnsteig in den Zug zu gelangen, wenn die Bahnsteighöhen nicht passen. Ein bundesweites Thema, bei dem wir uns auch einbringen.“

Abschließend verkündete Verkehrsminister Hermann noch einen wichtigen Schritt für die Zukunft: Das Bahnhofsmodernisierungsprogramm zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Deutschen Bahn läuft 2018 nach zehn Jahren aus. Es wird nun ein zweites Programm unter dem Motto „Bahnhof der Zukunft“ geben – mit einem deutlich höheren Budget. Die Bahn und das Land werden zusammen 300 Millionen Euro dafür investieren, dass Bahnhöfe barrierefrei werden und ältere Bahnhofsgebäude renoviert werden können. Bahnhöfe sollen so zu „Mobilitätsdrehscheiben“ werden, wie es Hermann nennt. In Zukunft sollen dort Fahrräder ausleihbar sein, auch Carsharing soll angeboten werden.

Bahnfahren im Rollstuhl früher und heute

Zum Ende der Diskussionsrunde meldet sich Willi Rudolf zu Wort. Der Kreisbehindertenbeauftragte des Landkreises Tübingen ist Mitglied des Fahrgastbeirates Baden-Württemberg. Er schildert die täglichen Probleme eines Rollstuhlfahrers im Bahnverkehr – und die Verbesserungen durch barrierefreie Züge: „Früher mussten mich die Polizisten in den Zug einladen, heute klappt es mit dem Service und vorheriger Anmeldung ganz gut. Aber was am besten ist, ist dieser Zug hier, für den ich mich gar nicht anzumelden brauche. Hier kommt eine Rampe heraus und ich fahre ebenerdig hinein. Das ist natürlich die Idealversion.“

In einem ausführlichen Interview im bwegt-Magazin erfahren Sie weitere Hintergründe zum Wirken von Willi Rudolf und seinen Erfahrungen als Rollstuhlfahrer im Bahnverkehr.

Mann und kleiner Junge halten einen bwegt-Zug in Spielzeuggröße in der Hand.

Magazin-Artikel veröffentlicht am 12.09.2018

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