Zum Inhalt springen

Meditation im Zug – die innere Reise.

Menschen, die beruflich oder ganz privat mit dem Zug unterwegs sind, kennen die vielen Möglichkeiten, die sich während einer Bahnreise bieten. Lesen, arbeiten, mit dem Freundeskreis kommunizieren, schlafen oder einfach aus dem Fenster schauen. Aber auch zum Meditieren kann man eine Zugfahrt nutzen, wie Yogalehrerin Birgit Hortig aus Stuttgart weiß.

Auf einem Blattpapier steht in verschnörkelten Buchstaben

Unsplash: @jblesly

bwegt: Warum meditieren Sie?
Hortig: Meditation ist eine wunderbare Möglichkeit, den Geist zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. In einer Zeit der Schnelligkeit, des schnellen Wandels, Termindrucks und Leistungsdrucks unterstützt meine persönliche Meditationstechnik mich darin, wieder ein bisschen Tempo rauszunehmen, mich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren und zu einem klaren Geist und einem klaren und wertfreien Blick zu gelangen. Meditation ist die Reise zu sich selbst.

bwegt: Gibt es einen idealen Ort zum Meditieren?
Hortig: Meditieren kann man prinzipiell überall. Es ist natürlich schön, sich z. B. zu Hause eine kleine Meditationsecke oder einen Lieblingsplatz einzurichten, an dem man sich wohlfühlt und es leicht fällt zu meditieren. Etwa als kleines Ritual am Morgen, um frisch und klar in den Tag zu starten. Oder am Abend vor dem Schlafengehen, um ruhig und entspannt einzuschlafen.

bwegt: Ist Meditation im Zug empfehlenswert?
Hortig: Meditation ist prinzipiell möglich, auch oder gerade auf einer Zugfahrt. Während wir uns in der äußeren Welt mit dem Zug als Transportmittel von einem Ort zum anderen bewegen, symbolisiert Meditation die Reise zurück in unsere innere Welt hinein und bringt so beide Aspekte zusammen.

Letztlich befinden wir uns das gesamte Leben lang auf der Reise von einem Ort zum anderen. Der einzige „Ort“, der sich während dieser (Lebens-)Zeit nicht verändert, ist der Ort in uns, auf den wir uns in der Meditation letztlich ausrichten.

Person breitet Hände aus und hält gelbe Blume.

Unsplash: @lmtrochezz

Kleiner Buddha sitzt inmitten von grünen unscharfen Sträuchern.

Unsplash: @samaustin

bwegt: Was ist anders am Meditieren im Zug?
Hortig: Der Zug ist ein Ort der Begegnung, viele unterschiedliche Menschen sind gemeinsam unterwegs, viele unterschiedliche Energien treffen aufeinander. Die Herausforderung ist zum einen, trotzdem bei sich zu bleiben und den Blick nach innen zu wenden. Und zum anderen ist es eben genau die Chance und Möglichkeit, zu üben, in einem Kontext, der unruhig und bewegt ist, Ruhe und Entspannung in sich zu kreieren und zu etablieren.

bwegt: Können auch Anfänger im Zug meditieren?
Hortig: Ja, auf jeden Fall. Am besten zunächst mit kurzen Einheiten beginnen, z. B. mit einer Dreiminuten-Blitz-Meditation. Eine Minute beobachten: Wie geht es mir gerade? Eine Minute: Wie fließt mein Atem? Eine Minute: Dankbarkeit entwickeln – ich bedanke mich für all das Gute und Schöne in meinem Leben. Ich würde empfehlen, einen Sitz zu wählen, an dem man nicht zu oft aufstehen muss und für die Zeit der Meditation gerne auch die Augen zu schließen.

Grundsätzlich sollten allerdings Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen oder Problemen Meditation nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt und unter fachlicher Begleitung ausüben.

Steine die aufeinander gesetzt worden sind.

Unsplash: @arstyy

bwegt: Was bringt Meditation vor oder nach einem anstrengenden Geschäftstermin?
Hortig: Meditation wirkt nachweislich auf das vegetative Nervensystem sowie das Zur-Ruhe-Kommen der Gehirnströme. Vor einem Geschäftstermin wirkt eine Meditationspraxis entspannend und beruhigend und kann so den klaren Blick für das Wesentliche schärfen. Meditation bewirkt eine klare Ausrichtung des Geistes auf einen Gegenstand, ein Thema oder eine Frage und kann so alle Energie bündeln, die es für den Geschäftstermin benötigt.

Im Anschluss an einen Termin unterstützt Meditation den Prozess der Regeneration des Gehirns und fördert dadurch Entspannung und Erholung. Sie „reinigt“ den Geist und unterstützt ihn dabei, das Erlebte einzusortieren, sodass wieder ein klarer Blick auf das Neue, das nächste Projekt möglich wird. 

bwegt: Wie lange sollte Meditation im Zug dauern?
Hortig: Das kann sehr variieren, ab drei Minuten bis zehn oder 15 Minuten würde ich empfehlen. Dann hatte das Gehirn schon die Möglichkeit, zu entspannen und sich wieder auf etwas Neues auszurichten.

bwegt: Erleichtern Meditationsmusik oder Apps das Meditieren im Zug?
Hortig:
Ich denke, Musik oder Meditations-Apps. können für manche Menschen hilfreich sein, vor allem, wenn der Zug sehr voll ist. Angenehme Musik entspannt den Geist und kann ihn dadurch auf die Meditation vorbereiten und einstimmen. Das gleiche gilt für Meditations-Apps. Geführte Meditationen können zu Beginn der Meditationspraxis durchaus hilfreich und unterstützend sein.

Frau mit blonden Haaren, weißem T-Shirt und grauer Leggins sitzt im Schneidersitz.

bwegt: Wo meditieren Sie am Liebsten?
Hortig:
Ich verbinde meine Meditation sehr gerne mit der Natur beim täglichen Spaziergang mit unserem Hund. Sowie im Unterricht bei uns im Yogastudio mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Für mich ist Meditation auch eine Einstellung zu Leben: die Kultivierung von Dankbarkeit und die Ausrichtung auf das Schöne, das Gute und das Lebendige im Leben.

Zur Person

Birgit Hortig ist zertifizierte Yogalehrerin des BDY/EYU und Mitglied im Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland. Sie unterrichtet seit vielen Jahren Einsteiger, Fortgeschrittene, Schwangere und Senioren in Yogakursen, im Einzelunterricht, in Workshops oder auf Yogareisen. Seit 2013 bildet sie Yogalehrerinnen und -lehrer aus. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Vermittlung von Achtsamkeit im Umgang mit Körper und Geist. 2007 gründete sie das Yogastudio Yoga Süd in Stuttgart, das heute über 20 Kurse pro Woche veranstaltet.

Meditationstipps für Zugreisende

  • Suchen Sie sich einen ruhigen Sitzplatz aus, an dem Sie nicht ständig aufstehen müssen.
  • Wählen Sie ein passendes Zeitfenster für Ihre Meditation zwischen zwei Haltestationen.
  • Wenn Sie ohne Entspannungsmusik oder App meditieren, schalten Sie Ihr Mobiltelefon aus.

Magazin-Artikel veröffentlicht am 21.11.2018